Hard Land – Hörspiel und …

Oft ist es ein seltsames Gefühl, zu einem Buch zurückzukehren, das man vor Jahren abgegeben und veröffentlicht hat. Man verliert einfach die Nähe. Es ist, als wären die alten Schlösser ausgetauscht worden und als wäre man nur noch ein fremder Besucher der Welt, in der man beim Schreiben jahrelang gelebt hat. Man sieht die Figuren zwar wieder, weiß aber erst mal nicht mehr, was man ihnen reden soll; so, wie man es vielleicht auch von alten Freunden kennt, die man lange nicht sah.

Bei Hard Land ist das anders.

Ein Teil von mir hat diese Welt nie verlassen. Die Schlüssel für das kleine Kaff in Missouri passen noch immer, die Figuren sind mir heute fast noch näher, als sie es damals beim Schreiben des ersten Teils waren. Und so war das Hörspiel, das nun vom Hessischen Rundfunk (und NDR und SRF) so wunderbar adaptiert wurde, eine willkommene Gelegenheit für mich, in diese Welt zurückzukehren.

Der junge Sam Turner, der irgendwann in einem Gedichtband liest: „Du wirst zurückkehren zu diesen Jahren, doch betreten wirst du sie nie mehr … Jugend ist der Ort, den du verlassen hast.“

Ich glaube, für Autor:innen ist es nie ganz einfach, wenn die eigene Geschichte von jemand anderem interpretiert und gekürzt wird, ob bei einer Verfilmung oder nun hier. So hatte ich anfangs durch die Auslassungen im Hörspiel zugegeben Verlustängste. Trauerte hier und da Sätzen, Differenzierungen und Zwischentönen hinterher oder vermisste hinten im Buch, bei der Darstellung der Trauer, einige Reflexionen und auch harte Szenen, die mir wichtig waren. Weil Trauer nun mal nicht schnell vorbeigeht und hart ist, und weil Sam sich nach dem Tod der Mutter gerade im Dunkel seines Verlusts am meisten entwickelt: in seiner Wut und monatelangen Einsamkeit. Diese Punkte fehlten mir etwas im Hörspiel, wenn ich ehrlich bin.

Aber dann trat ich einen Schritt zurück und sah, was durch die Interpretation gewonnen wurde. Welche Wucht und Direktheit manche anderen Stellen bekamen, wie dramaturgisch geschickt alles aufgebaut war und wie filmisch es wirkte. Großartig fand ich die Idee, dass Sam beim Erzählen in der Vergangenheitform berichtet, aber dazwischen immer wieder einzelne Gedanken im Präsens schildert, wodurch fast ein inneres Zwiegespräch entstand. Viele der Charaktere wurden kongenial umgesetzt, mit teils neuen, stimmigen Hintergrunddialogen, und das namensgebende Gedicht wirkt hier fast stärker als im Roman. Was auch am Sound liegt: An den Geräuschen, die sofort ein Gefühl für diese Welt entstehen lassen, und an der Musik um New Order, Journey, Bruce Springsteen, Simple Minds und Cyndi Lauper. Der Score und Soundtrack des Hörspiels und wie beides in die Geschichte verflochten wurde – das ist für mich nicht weniger als ein Meisterwerk.

Oft saß ich beim Hören da und war einfach nur glücklich, mit welcher Liebe und Raffinesse die Geschichte interpretiert wurde – nicht zuletzt durch die immer wieder großartigen Sprecher:innen. Ich möchte mich sowohl bei ihnen bedanken wie auch bei Leonhard Koppelmann, der das alles so wunderbar inszenierte, und bei allen anderen, die bei der Produktion mithalfen.

Hard Land, das Hörspiel, ist eine wirklich eigenständige Interpretation dieser Geschichte geworden, mit anderen Akzenten und, siehe weiter oben, einem anderen Fokus. Und gerade dadurch wurde es etwas Besonderes.

Seite heute, 24. März 2024, ist es ein Jahr lang in der ARD Audiothek abrufbar.

Es war großartig, noch mal so intensiv in diese Welt einzutauchen. Und ich ahne inzwischen, es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass mich meine Wege nach Grady, Missouri führten. Aber das … das wird eine andere Geschichte.